Ehemaliger Salzstadel Marktplatz, Biberach a.d.Riß
Energie Effizienzpreis 2020 Baden-Württemberg
Denkmalschutzpreis 2020 Baden-Württemberg
Der Treppengiebel des einstigen Salzstadels, 1503 erbaut, dominiert die Häuserfront der Altstadt am Biberacher Markt. Bauliche Veränderungen der drei unteren Etagen ab 1808, Erhaltung der vier Dachgeschosse als offene Holzkonstruktion.
Bauhistorische Untersuchung des beachtlichen Hauses erfolgte 2013.
Sanierung: 2017-2019
















Denkmalschutzpreis 2020 Baden-Württemberg
Ehemaliger Salzstadel Marktplatz 40 in Biberach an der Riß
Der Treppengiebel des einstigen Salzstadels am Biberacher Markt dominiert die Häuserfront (Foto: Corinna Wagner)
Normalerweise verdient das mittelständige Bauunternehmen Schmid aus Baltringen sein Geld im Industrie- und Straßenbau. Aber die drei Brüder Schmid haben auch ein Faible für historische und denkmalgeschützte Bauten, wie sie es mit verschiedenen Sanierungen bereits bewiesen haben. 2015 kauften sie in Biberach mit dem ehemaligen Salzstadel ein besonders anspruchsvolles Gebäude aus der reichsstädtischen Vergangenheit, um es zu sanieren und weiterzuentwickeln.
Errichtet 1503 am unteren Ende des Marktplatzes, ist es ein städtebaulich dominierender Bau von beachtlichen Ausmaßen auf einem etwas verschoben-rechteckigen Grundriss, in seinem hinteren Teil in den ansteigenden Berg eingeschnitten. Über drei niedrigen Etagen erhebt sich das riesige viergeschossige Satteldach, zum Marktplatz und zur Rückseite hin mit massiven Staffelgiebeln versehen, in die asymmetrisch Ladeöffnungen und nur durch Läden verschlossene Luken eingeschnitten sind. Dies verweist auf die einstige Funktion als reichsstädtisches Lagerhaus. Im Inneren befand sich im rechten Gebäudeteil ursprünglich eine durch die Geschosse reichende Halle für die Lagerung von Salz, im linken Teil dagegen ein großer Gewölbekeller, in dem die städtischen Weinvorräte gelagert wurden, darüber einige Stuben für die Verwaltung. Nach dem Verkauf des Baues 1808 an Biberacher Kaufleute wurden die drei unteren Etagen immer wieder baulich verändert: Decken eingezogen, Treppen und Läden eingebaut, dazu Schaufenster eingebrochen, im frühen 20. Jahrhundert zugunsten der Ladennutzung der Gewölbekeller bis auf einen hinteren Rest entfernt. Die vier Dachgeschosse blieben aber als offene Holzkonstruktion erhalten.
In den ausgebauten Dachgeschossen des Salzstadels wurde die historische Stützenkonstruktion in das Wohnen integriert (Foto: Gerhard Kabierske)
Nach 2010 wollte die damalige Eigentümerin den Bau, der regelmäßig unterhalten worden war, verkaufen. Die im Verhältnis zum Bauvolumen geringe Nutzfläche erwies sich dabei als großes Hemmnis. Die heute häufig gestellte Frage war, auf welche Weise sich das Haus in lukrativer Innenstadtlage stärker nutzen lassen könne, ohne dass das Kulturdenkmal darunter zu leiden habe. Zunächst führte der Bauforscher Dr. Stefan Uhl aus Warthausen 2013 eine bauhistorische Untersuchung durch. Es schloss sich eine Machbarkeitsstudie durch die in Denkmalsanierungen erfahrene Architektin Corinna Wagner aus Überlingen an. Sie schlug vor, das erste Obergeschoss, das bislang Wohnungen beherbergte, als Gewerbefläche zum Erdgeschoss hinzuzuziehen, und auch die ursprünglich offene Hallenstruktur in Ansätzen wiederherzustellen sowie den Rest des Weinkellers in eine Ladennutzung einzubeziehen. Eine externe Erschließung durch einen Treppen- und Aufzugsanbau auf der bergseitigen Giebelfront könne, so ihr Vorschlag, Wohnungen im zweiten Obergeschoss und im bislang nicht ausgebauten ersten Dachgeschoss erschließen, während die drei oberen Dachetagen aus denkmalpflegerischen Gründen weiterhin ungenutzt bleiben sollten. Auf Grundlage dieser von den Denkmalbehörden für realisierbar gehaltenen Studie kauften die Brüder Schmid das Anwesen. Erfreulich war, dass sie Corinna Wagner auch mit der weiteren Projektbearbeitung beauftragten.
Nach Auffassung der Jury ist das Ergebnis der schließlich 2017–19 realisierten Ausführung im Grundkonzept wie in den Details geglückt. Der wertvolle Bau ist zwar stärker genutzt als zuvor, hat aber von seinem historischen Aussagewert nichts verloren. Dies ist nicht zuletzt der Schonung der Originalsubstanz zu verdanken, etwa bei der Aufteilung der Wohnungen im ersten Dachstock, bei der die Ständer der Holzkonstruktion voll sichtbar blieben, bei den Dämmungen und der Erfüllung feuerpolizeilicher Auflagen oder bei der Belichtung der neuen Wohnungen mittels Gauben und Sonderkonstruktionen von Dachflächenfenstern, bei denen die historischen Sparren nicht angetastet wurden. Neubauteile, wie die an Beispielen des 19. Jahrhunderts orientierten, aber gestalterisch eigenständigen Schaufenstern am Marktplatz, oder selbst der am rückseitigen Giebel angebaute Erschließungsturm mit Aufzug und Treppe passen sich beispielhaft ins Gesamtbild ein.
Energieeffizienzpreis 2020
Prämierungsstufe GOLD in der Kategorie Modernisierung im Denkmalschutz
Eigentümerin
Matthäus Schmid GmbH & Co. KG, Baltringen
Architekt
Corinna Wagner, Freie Architektin, Überlingen
Kennwerte:
Primärenergiebedarf: 62,30 kWh/(m2a)
Endenergiebedarf: 47,90 kWh/(m2a)
Transmissionswärmeverlust: 0,593 W/(m2K)
Baukosten: 1.542 Euro/m2 Bruttogeschossfläche, bereinigt
Dieses denkmalgeschützte Gebäude aus dem Jahr 1808 beherbergt eine Bücherei und acht Wohneinheiten. Die neue Heizungsanlage besteht aus einer Luft-Wasser-Wärmepumpe und wird durch einen Gas-Brennwertkessel ergänzt. Die Wohnungen erhielten mit der Modernisierung eine Abluftanlage und die Gewerbeflächen eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Dieser Beitrag veranschaulicht beachtenswert, dass die vielfältigen Aufgaben des Denkmalschutzes und das Thema Klimaschutz gemeinsam betrachtet und gelöst werden können.
Das Gebäude weist gute Energiekennwerte auf, die den Standard eines ‚KfW-Effizienzhauses Denkmal‘ erreichen. Besonders hervorzuheben ist der respektvolle Umgang mit dem Charakter des denkmalgeschützten Gebäudes bei der Modernisierung.